Der Buchtitel „Was vom Tage übrigblieb“ vom Autor Kazuo Ishiguro
am 26. 01. 2015 veröffentlicht.
bewertet mit 4 Sternen (von 5)
Es wird immer wahrscheinlicher, daß ich tatsächlich jene Reise unternehme, die meine Phantasie bereits seit einigen Tagen mit einer gewissen Ausschließlichkeit beschäftigt.» Mit diesen Worten beginnt der alte englische Butler Stevens seinen Bericht über die erste Reise seines Lebens. In einem großen alten Ford—wie er selbst ein Stück Inventar, das der neue amerikanische Besitzer von Darlington Hall mit übernommen hat — fährt Stevens über kleine Landstraßen Richtung Cornwall. Dorthin nämlich hat sich zwanzig Jahre zuvor eine ehemalige Haushälterin Lord Darlingtons verheiratet, und ein Brief von ihr — der erste seit sieben Jahren — scheint anzudeuten, daß diese Ehe nun leider gescheitert ist. Möglicherweise also wäre die ehemalige Miss Kenton bereit, in die Position der Haushälterin nach Darlington Hall zurückzukehren.
Stevens’ Gedanken gehen zurück in jene Tage, als dort unter seiner Anleitung siebzehn Dienstboten für seine Lordschaft sorgten. Bald erkennt der Leser, was dem Butler selbst nicht klar wird: Hier kämpft ein alternder Mann um seine Lebenslüge, wenn er in wohlgesetzten Worten erzählt, wie er aus einem Gefühl von Würde und Pflicht mit Tränen in den Augen Portwein servierte, während sein Vater im Sterben lag, und wie er nach besten Kräften jahrzehntelang einem Lord diente, der mit den Nazis kollaborierte. Aus dem Versuch, den Sinn des eigenen Lebens zu bewahren, entsteht ein formvollendeter, gesellschaftskritischer Roman, erzählt von einem, der sich eine solche Kritik nie erlaubt hätte; eine wunderschöne, bittersüße Liebesgeschichte, erzählt von einem, der nie auch nur ahnte, daß er liebte.
Steif ist dieser Stevens, umständlich und völlig humorlos — und gerade deshalb in vielen Situationen unfreiwillig komisch.